Selbstbewusstsein

  • Hallo,


    bis vor einigen Tagen dachte ich noch allen Ernstes, dass ich mich traue, in einem vollbesetzten Vorlesungssaal etwas zu sagen, wenn ich erstmal schlank wäre.


    Tja, heute bin ich immer noch dick, aber um die Erkenntnis reicher, dass dem natürlich nicht so wäre.


    Es ist so bei mir: sobald mir der erste Gedanke kommt, den ich eigentlich mitteilen möchte, bricht mir der Schweiß aus und der Hals schnürt sich mir zu. Der größte Horror ist die Vorstellung, dass ich zu leise bin und ich mich wiederholen müsste. Da hilft es auch nicht, dass ich ca. zwei Referate im Semester halte, die auch gut klappen.


    Letztendlich ist alles eine Frage des Selbstbewusstseins. Ja, und das habe ich anscheinend überhaupt nicht, jedenfalls nicht, wenn viele Menschen da sind und wenn sie mich nicht kennen. Selbst hier über mich zu schreiben, kostet mich totale Überwindung. Ich finde zum Beispiel den Umgang der "Stammposter" hier untereinander total klasse, aber ich könnte das nicht, so herzlich sein, weil mich schließlich auch keine/r kennt. Ich bin nicht sicher, ob ich mich so klar ausgedrückt habe.


    Gibt´s vielleicht Tricks oder Hilfen? Hat jemand Erfahrungen mit einem Buch o.ä.?


    Einen schönen Abend noch
    Andrea :)

  • Hallo Andrea,


    mir ging es früher ganz genauso, ich bekam schon Schweißausbrüche, wenn ich mir nur vorgestellt habe, dass ich vorne stehen und etwas erzählen müßte. :rolleyes:


    Ich habe dann zuerst einen Rhetorikkurs bei der Volkshochschule gemacht (es kostete mich aber schon Überwindung dort hinzugehen), später ein ähnliches Seminar in einer Frauengruppe.
    Jedesmal wurde es ein wenig besser...dann habe ich zu Hause oft Texte laut gelesen (das hat mir auch sehr geholfen), probier es doch einfach mal aus!
    Vielleicht kannst Du das auch mal mit einer Freundin machen, damit sie Dir ein Feedback geben kann, wie Du "stimmlich" rüberkommst?


    Bei den ersten Seminaren als Referentin habe ich vorher Baldriantabletten genommen, allerdings weiß ich bis heute nicht, ob der Baldrian die Wirkung hatte, oder ob es eher eine "psychologische Hilfe" für mich war?


    Und bitte vergiß eins nicht: Eine gewisse Anspannung ist vollkommen normal, die hat wahrscheinlich jeder...nur bei manchen Menschen fällt sie einfach überhaupt nicht auf.


    Zum Forum: Ich schreibe hier schon öfter, allerdings tue ich mich auch schwer mit der "virtuellen Herzlichkeit". Einige Menschen hier kenne ich persönlich, da ist es für mich kein Problem, aber ich muss auch nicht jeden liebhaben...Toleranz ist für mich wichtiger.
    Schreib' einfach so, wie Du denkst...


    Ich wünsche Dir viel Erfolg!


    Gruss aus Dortmund
    Die Brockenhexe ;)

    Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert. (Oscar Wilde)

  • Hallo Andrea,


    ich kann sehr gut nachempfinden wie es dir geht, wenn du vor anderen Menschen sprechen sollst. Als ich in der Schule an die Tafel sollte, Gedichte vortragen etc., war das für mich der reinste Horror. Das ging teilweise so weit, dass ich vor lauter Anspannung und Panik danach heftigste Migräneanfälle bekam, mit Sprachlähmung und allem Drum und Dran. Auch im Erwachsenenalter hat sich daran kaum was geändert :( .

    Zitat

    Ich habe dann zuerst einen Rhetorikkurs bei der Volkshochschule gemacht (es kostete mich aber schon Überwindung dort hinzugehen), später ein ähnliches Seminar in einer Frauengruppe

    Den Tipp von Brockenhexe finde ich gut. Habe sowas zwar selbst nie gemacht, weiß es aber von meiner Schwester, dass das wirlich hilft.

    Zitat

    Selbst hier über mich zu schreiben, kostet mich totale Überwindung

    Damit habe ich keine Probleme, obwohl ich hier ja noch neu bin, aber das Schreiben ist für mich eine gute Alternative zum Reden. Hilft natürlich nichts, wenn man ein Referat halten muss.
    Ich find's Klasse, dass du dein Problem hier geschildert hast, auch wenn es für dich schwierig war :) .
    Ich drück' dir ganz fest die Daumen für deine nächste Rede - wird schon klappen. Und denk immer dran, dass auch Leute, die das oft machen müssen, sicher nicht ganz frei von Lampenfieber sind.


    LG, Simone.

  • Ich drück mich vor jedem Referat, wenn nur irgend möglich und schreibe lieber ellenlange Hausarbeiten. Du hast also mein vollstes Verständnis. ;)
    Alerdings kann ich auf Arbeit komischerweise vor den Leuten stehen und reden wie ein Wasserfall, ohne daß es mir was ausmacht. :eek:


    An dieser Stelle noch eine Methode: Stell die die Situation, vor der Du Angst hast, immer wieder vor. Überlege Dir dabei nicht, was schiefe gehen könnte und was die Leute schlechtes denken, sondern überlege Dir, wie es optimalerweise abläuft. Diesen Ablauf stellst Du Dir so lange vor, bis Du Dich sicher und in der Situation wohl fühlst. Dann geht ganz gut, finde ich ... :)


    Dat Tenshi, nur auf Arbeit mit großer Klappe :D

  • Hallo Andrea,


    ich bin auch kein genialer selbstsicherer Sprecher vor vielen Leuten, was mich vor ein Problem stellt, als ich Betriebsratsvorsitzende wurde. Ich mußte damit die Betriebsversammlungen mit bis zu 200 Mann leiten und habe erst mal heftig geschluckt. Glück gehabt, ich konnte insgesamt 2 Rhetorikseminare von jew. 1 Woche Dauer besuchen und dort lernt man wirklich viel.


    Der erste Rhetoriklehrer (das war am Anfang meiner BR-Laufbahn ;) sagte etwas, was mir sehr geholfen hat: Man könne davon ausgehen, daß die Zuhörer heilfroh sind, daß nicht sie vorne stehen müßten. Die Zuhörer würden also Deinen Leidensdruck spüren und wären dadurch "mitleidig". Man sollte auch ruhig am An
    fang der Veranstaltung sagen, daß man sehr nervös sei und Sprachpatzer etc. entschuldigen möge; damit zieht man die Zuhörer auf seine Seite.


    Das hat bei mir immer sehr gut funktioniert. Ich wußte, die Menge wird mich nicht zerfleischen und mit mir fühlen. Und man muß nicht perfekt sein. Als Feedback habe ich dann sehr oft bekommen, daß ich sicherlich nicht so perfekt sei wie unser Geschäftsführer, aber ich war ja auch Vertreter der Arbeitnehmer und dadurch näher bei Ihnen.


    Also Kopf hoch, wenn irgend möglich Rhetorikkurse machen und üben, üben, üben. Die Nervösität nimmt zwar wahrscheinlich nicht ab, aber man lernt damit umzugehen.


    Viele Grüße,
    Claudia

    Ich kenne Menschen, die der beste Beweis dafür sind, dass ein komplett abgeschaltetes Gehirn nicht zwangsläufig zum Tode führt !!

  • Hallo Andrea,


    ich empfehle Dir das Buch "Mehr Selbstbewusstsein, A*rschloch!"


    Hahaha...schlechter Scherz.....hier mein ernstgemeinter Tipp:


    Wenn ich vor mehreren Leuten einen Vortrag halten muss, sehe ich die Leute, die vor mir sitzen oder stehen, nicht als Masse an, sondern als Einzelpersonen, die auch alle ihre Schwächen haben. Ich nehme auch intensiven Blickkontakt zu einzelnen auf. So stehe ich zwar vor vielen, habe aber Kontakt zu einzelnen. Klingt blöd, hilft mir aber.


    Außerdem: Wer ist schon perfekt? Ich habe mir schon einen dabei abgebrochen, Mails und Notizen an Vorgesetzte zu schreiben. Du liest Dir alles 20 mal durch, weil Du denkst "Bloß keinen Fehler machen!" Und in der Antwortmail vom Chef sind dann 5 Rechtschreibefehler, hahaha!


    Denk Dir einfach: "Ich bin auch jemand. Ich bin genausogut wie die anderen!"


    Das mit dem "Ich stell mir die Leute in Unterhosen vor" und der ganze andere Psychokram hilft bei mir dagegen überhaupt nicht.


    Gruß
    Floischkichle

  • Hallo zusammen,


    erstmal vielen Dank für Eure Antworten, ich glaube, ein Rhetorikseminar sollte wirklich sein, Übungen für zu Hause oder so würden, glaube ich, eher nicht wirken. Aber ich werde mich morgen gleich den Tip mit dem lauten Sprechen ausprobieren, wenn mir klar ist, dass meine Stimme vielleicht gar nicht so leise ist oder auf alle Fälle zu verstehen, hilft es mir bestimmt.


    Ja, Floischkichle, die Anderen sind auch nur Menschen, nicht besser und nicht schlechter als ich und alle haben sie ihr "Päckchen" zu tragen, das vergesse ich nur öfter mal, sollte ich mir vielleicht aufschreiben. :)


    Einen schönen Abend wünscht Euch Andrea
    (die sich gerade über die Antworten freut) :D

  • Hi AndreaMei!
    Komischerweise fiehl es mir in einem Vorlesungssaal stets leichter, als z.B. in einer Seminargruppe. Sehr schwierig ist es am Anfang immer gewesen, und wird es auch immer sein, und ich stottere und stammle immer noch unbeholfen, wenn ich mehreren wildfremden Leuten gegenübersitze, vor allem, wenn man sie jeden Tag sieht, aber - wie schon gesagt wurde: Mit der Stimme erzielt man die besten Resultate. Du bringst Deine Ergebnisse oder Deine Interpretation dar, verleihst dem, was Du bereits erstellt hast, eine Stimme. Diese zu beherrschen ist das Schwierigste, aber auch das relevante. Zuhause Theaterrollen einzuüben hat mir geholfen.
    Was die Figur betrifft, so hat sich stets gezeigt, daß größeres Körpergewicht alles andere als nachteilig ist, um den richtigen Worten Nachdruck zu verleihen. Filme, z.B. mit Margaret Rutherford, Charles Laughton, Orson Welles oder auch jeder Film, in dem auch nur ein einziges Churchill-Zitat auftaucht, helfen hier oft sehr.
    Auf alle Fälle alles Gute, und: Nur Mut!

  • hi ihrs,
    also nen ganz besonderen Tip hab ich zwar nicht, aber ich kenne die Ängste - mußte ich doch trotz meiner echt enromen minderwertigkeitskomplexe im rahmen einer qualifizierung ein projekt vorstellen - naja geplant war es nicht, eigentlich hatte ich (natürlich die einzige Frau im Team *fg*)nur die Vorbereitungen erledigt und meine beiden Kollegen sollten gemeinsam (der eine vor den leuten direkt vortragen, der andere begleitend am PC) unser Projekt präsentieren - naja und dann wurde ausgerechnet der, der vortragen sollte krank und ich mußte einspringen (sonst wäre unser team durchgefallen) - und was soll ich sagen - es ging ganz gut, die leute (Kursleiter, die anderen Teilnehmer und ca 10 fremde Gäste) dort klärte ich erstmal auf, das ich für den kranken Kollegen einspringen müsse und deshalb eben nicht vorbereitet wäre und dann legte ich los und erstaunlicherweise bekam ich nach der Präsentation nicht nur mehr Aplaus wie die anderen Teams, sondern es kam von allen seiten ne menge Lob - seitdem ist die Angst davor zwar nicht weg, aber ich weiß trotzdem das ich kann wenns sein muß. Ich hatte übrigens die ganze zeit unsere Kursleiterin (die mir direkt vorher sagte das es ihr genauso gehe) angeschaut,die netterweise genau mittig in der ersten reihe saß - was mir sehr viel von der nervosität nahm, da sie mit augen und gestik deutlich zeigte das sie die präsentation gut fand...
    allerdinsg gehts mir bei "nicht fachbezogenen" Bereichen nicht anders wie vorher - ich drück mich vor jedem "vor die Menge treten" soweit wie möglich *lach*
    liebe grüße,
    cailly

  • hallo andrea,


    ich kannte das problem auch nur zu gut.
    früher hab ich den mund nicht aufgekriegt und hab selbst bei uns in gruppenbesprechungen gedacht: hoffentlich spricht mich keiner an. mittlerweile ist das anders!!! gott sei dank. mein ex-chef war nämlich so drauf, dass er in besprechungen jeden nach seiner meinung gefragt hat, und das immer und imer wieder. das hat mir die angst genommen vor anderen zu sprechen.


    "meinen großen auftritt" hatte ich bei einer unserer betriebsversammlungen ca. 1000 personen. mir war richtig schlecht, trotzdem bin ich ans mikro und hab was "zum besten" gegeben.


    bei präsentationen ist es so, dass ich mich in voller größe und breite :D aufbaue und mein programm durchziehe. ich weiß was ich kann und du doch auch!!! ;)


    vielleicht hilft es dir ja auch vor freunden oder der familie zu üben?! zwei kolleginen haben das immer so gemacht. die haben sich gegenseitig vorträge gehalten, zur übung.


    kopf hoch und nur mut!


    katja

  • Hallo,


    @ Harry
    ich habe gerade überlegt und bei mir ist es, glaube ich, genau anders herum, wenn es wenige Leute sind, geht es einigermaßen und bei Referaten auch. Vor einem Referat bin ich zwar tierisch nervös, aber wenn ich dann angefangen habe, geht es eigentlich, dann befinde ich mich sozusagen in einer anderen Rolle.
    Aber, Cailly, Du hast Recht, sich jemanden zu suchen, mit dem man Blickkontakt halten kann, ist wirklich hilfreich, muss ich mir merken, im Juni bin ich schon wieder dran (puh!). :p


    Das Schwierigste ist für mich ist die Überwindung, in eine Diskussion einzusteigen (Ja, Katja, eigentlich weiß ich auch, was ich kann, ist mir wahrscheinlich in der jeweiligen Situation nicht bewusst - oder egal?).


    Jedenfalls habe ich in der VHS habe tatsächlich gleich einen Kurs gefunden: "Freies Sprechen im Beruf" (unter anderem mit dem Bereich "Redehemmung abbauen"), und das tatsächlich noch vor meinem nächsten Rererat. :eek: Ich bin gespannt! :)


    Schöne Grüße Euch allen
    Andrea

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